Die deutsche Sprache erlebt in Europa eine Renaissance. Nach jahrelang stagnierenden Zahlen registrieren die Goethe-Institute in den südeuropäischen Krisenländern und in Osteuropa ein sprunghaft gestiegenes Interesse von jungen Menschen, Deutsch zu lernen. Grund dafür ist die Hoffnung auf eine berufliche Perspektive in Deutschland, die ihnen die eigenen Länder nicht bieten können. „Mit Englisch kommt man durch, mit Deutsch kommt man weiter“, so beschreibt der Präsident des Goethe-Instituts, Klaus-Dieter Lehmann, den Trend. Die stärksten Zuwächse gibt es in den Goethe-Instituten in Madrid und Barcelona mit bis zu 70 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Aber auch in Irland und Ungarn stiegen die Schülerzahlen um zehn und 30 Prozent. In Griechenland wird das Fach Deutsch an den Schulen beliebter. Jeder zweite Gymnasiast wählte es als zweite Fremdsprache, vor zehn Jahren war es nur jeder Fünfte. Mehr als 150 000 auswanderungswillige Spanier, 90 000 Italiener und 20 000 Griechen sind im europäischen Jobportal Eures registriert.
Die Politik wittert die Chance, die rund eine Million offenen Stellen auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu besetzen. „Immer mehr Unternehmen fehlen Fachkräfte. Das bremst das Wachstum“, sagte Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) der „Welt am Sonntag“. „Es führt deshalb kein Weg daran vorbei, die Zuwanderung von qualifizierten Fachkräften aus dem Ausland besser zu steuern.“ Die Integrationsbeauftragte der Regierung, Maria Böhmer (CDU), nennt es „unbedingt geboten, vermehrt Sprachkurse in diesen Ländern anzubieten“. Auch die Wirtschaft setzt große Hoffnungen in die potenziellen Zuwanderer. Ein Drittel der Betriebe sehe im Fachkräftemangel das größte Risiko für ihre Zukunft, sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Hans Heinrich Driftmann. „Gut ausgebildete Fachkräfte, etwa auch aus Spanien, sind daher natürlich willkommen.“ Wie Böhmer mahnte er zugleich Anstrengungen in Deutschland an: „Selbstverständlich müssen wir etwas dafür tun, dass diese Menschen gerne zu uns kommen. Das fängt bei der Willkommenskultur an und geht bis zum sich derzeit im Gesetzgebungsprozess befindenden Anerkennungsgesetz.“